2012 erschien Ásgeirs gefeiertes Debüt Dýrð í dauðaþögn und machte ihn zunächst in seinem Heimatland Island zur Legende. Es wurde zum am schnellsten verkauften einheimischen Debütalbum Islands, sprengte sämtliche Rekorde und stellte sogar die Verkaufszahlen von Björk und Sigur Ros in den Schatten – statistisch gesehen gibt es eine Kopie in jedem zehnten isländischen Haushalt. 2014 folgte dann die englischsprachige Neuauflage unter dem Titel In the Silence, für die John Grant die Textübersetzung lieferte. Als sich die Wellen langsam legten, die dieses Album in den Top-40-Charts in Großbritannien, Japan, Dänemark (u.v.m.) gespült hatten, war Ásgeir nicht weniger als ein internationaler Star.
Ásgeirs neues Album, das am 5. Mai 2017 erschien, ist in vielerlei Hinsicht eine Abkehr von Stimmung und Sound seines Erstlings. Er setzt hier sehr viel stärker auf elektronische Klänge und greift auch Elemente aus R&B und Soul auf. Damit lässt Afterglow den Folk-geprägten Akustiksound von In the Silence hinter sich und taucht lustvoll in die kristallklare, melancholisch-melodische Seite der Elektronikmusik ein. Auch auf dem neuen Album arbeitet der faszinierende Musiker mit seinem Vater, Einar Georg Einarsson, zusammen, von dem sämtliche Texte für Afterglow stammen. Weitere und ebenfalls langjährige Kooperationspartner sind Ásgeirs Bruder, Thorsteinn, sowie Julius Robertsson, Hogni (Gus Gus/Hjaltalin) sowie der Produzent und Bandkollege Guðmundur Kristinn Jónsson.
Die mittlerweile steile Karriere des jungen Stars begann genau hier in Laugarbakki, zwei Stunden nördlich von Reykjavík gelegen, wo er umgeben von Musikern und Instrumenten aufwuchs: Seine Mutter spielt Orgel, sein Vater Akkordeon, seine Schwester Geige, und sein Bruder ist Gitarrist und Mitglied der erfolgreichen isländischen Reggae-Band Hjálmar. Ásgeir selbst war als Schüler ein vielversprechendes Sporttalent – einige seiner isländischen Rekorde als Javelin-Segler sind bis heute ungebrochen. Doch nachdem er im frühen Teeniealter Songwriter wie Elliott Smith und Sufjan Stevens sowie die isländischen Ikonen Sigur Ros, Mugison und Lay Low für sich entdeckt und seine erste Gitarre geschenkt bekommen hatte, war er für die Sportwelt verloren.
In der Vergangenheit wurde Ásgeir, der für seinen seidig-geschmeidigen Falsettgesang bekannt ist, mit Künstlern wie Bon Iver, James Blake und Kings of Convenience verglichen. Auf Afterglow perfektioniert er jedoch seinen ganz eigenen, unverkennbaren Stil. Obwohl das Album zweifellos Ausdruck einer sehr dunklen Seite ist, birgt es in seinem Kern eine unbezwingbare Hoffnung. Ásgeir selbst sagt über Afterglow: „Ich glaube, ich habe damit schon jetzt sehr viel erreicht. Ich habe mich selbst besser kennengelernt und fühle mich sehr viel gereifter. Das liegt nicht allein am Album, aber die Musik hat definitiv dazu beigetragen.“
Auf seine zahllosen Fans wirkte die unverblümte emotionale Aufrichtigkeit bisher wie eine Katharsis. Jetzt hat Ásgeir gelernt, die erlösende Wirkung seiner Musik auch für sich selbst zu nutzen. „Es wäre allerdings schon toll, wenn andere das alles auch gut fänden“, fügt er lächelnd hinzu. Bei einem Album, das Genregrenzen so sachte überschreitet und dabei so bewegend ist wie das erstaunliche Afterglow, braucht er sich darüber keine Sorgen zu machen.