
Details
Datum: 26.05.2022
Beginn: 20:00
Einlass: 19:00
Links
Website: https://www.hundredsmusic.com/
Video: Auf Youtube ansehen
Liebe Freund*innen,
vor einem Jahr ist THE CURRENT erschienen, unser 4. Album. Wir haben es
pünktlich in die Pandemie und allem, was sie mit sich brachte, hinein veröffentlicht.
Wir hoffen, es hat euch ein bisschen durch dieses Jahr begleitet und ein wenig Licht in die langen zäheren Stunden gebracht.
Unsere THE CURRENT Tour wurde vom April 2020 auf August 2020 verschoben. Dann von August nach April 2021, währenddessen haben
wir intern schon über eine weiter mögliche Verschiebung nachgedacht und so ist es jetzt auch gekommen.
Während wir hier fleißig am neuen Album arbeiten, werden wir nächstes Jahr im April/Mai 2022 wieder touren, mit euch feiern und Aerosole in die Luft eines vollen Clubs entlassen.
Vielleicht touren wir dann einfach mit zwei Alben im Rücken. Wir werden es sehen.
Bereits erstandene Tickets behalten ihre Gültigkeit.
Wir vermissen Euch.
Love, Hundreds.
Es gibtdiese Alben, die einen genau im richtigen Moment erwischen. Klar, die mussjeder für sich finden und einText wie dieser sollte sich nicht anmaßen,dieemotionale Wirkung des neuen, vierten Hundreds–Albums für jedeund jedenvorherzusehen. Aber aus der Erfahrung des Autors dieser Zeilen seigesagt: „TheCurrent“ ist dieperfekte Platte, wenn man gerade durch die letzten dunklen Tagedes Winters schleicht, weltenmüde von all denbeschissenenNachrichten, dieeinem jeden Morgen den Kaffee vergrätzen, und es kaumerwarten kann, dass baldendlich wieder der Frühling vor der Tür steht und uns Hoffnung gibt. Dann kommt dieses Album, packteinenmitdieser erst sanftendann bestimmten Strömung und zieht einen langsam heraus –aus demStimmungsloch, ausdem Pessimismus, aus derwehleidigen Lethargie, aufs offeneMeer. „Dark times are over now, we scared themoff, and it all begins“, singt Eva Milner gleich im ersten Lied, eine Schlüsselzeile, durchaus programmatisch gemeint.„Vessel In The Sky“ heißt der Song und verbindet wieder all das, was man an der Musik von Eva und Philipp Milnerso liebt: Die Geschwister verstehen es wie wenige in der deutschen Poplandschaft das Organische mit demElektronischen zu verweben, große Melodien und Emotionen mit einem steten Puls aus elektronischen Beats undSynths unterlegen, der einem schnell unter die Haut kriecht. Keine Bange also: Happy–go–lucky–Pop muss man beiHundreds nun nicht erwarten, aber die Klangfarbe ist heller, die Attitüde kämpferischer.„Ja. Das ist für mich das Prinzip Hoffnung“, erklärt Eva im Interview. „Auch wenn es mir schwerfällt, das auf Daueraufrecht zu erhalten. Aber was anderes bleibt uns ja letztendlich nicht übrig. Immer nur verzweifeln, bringt dich jaauch nicht weiter. Ich habe mal probiert, wie weit das geht bei mir.“ Das war beim Vorgänger noch nicht in Sicht.„Wilderness“ war ein dunkler, faszinierender Brocken mit apokalyptischem Grundton in Text und Musik. Ein Blickauf die Wunden, die der Mensch der Natur schlägt. Eigentlich der perfekte Soundtrack für unsere Zeiten, für„Fridays For Future“ und „Extinction Rebellion“. Eva Milner lacht leise, wenn man sie auf diese Erkenntnis hinweist.Und gesteht: „Ist uns auch aufgefallen, dass diese Themen gerade präsenter denn je sind und wir vielleicht einwenig zu früh dran waren damit. Andererseits ist das ja ein altes Thema in der Kunst. Wie lange denkt dieMenschheit schon, es geht bald zu Ende? Diese düstere Stimmung ist auch immer noch da, aber musikalisch mussich dasjetzt gerade nicht mehr machen.“ Nur einmal gibt sie sich auf „The Current“ noch der Weltenangst hin, imgeisterhaften „The Bombs“, das musikalisch eher ruhig daherkommt, lyrisch aber innerlich brodelt und die ein oderandere Explosion zündet: „On the verge of your extinction, your laughter’s golden bell / is ringing in the courtroom/ and now we’re raising hell.“„The Current“ hat dabei viele Facetten. Die verbindende und titelgebende Strömung wird eher von den Klang–Trademarks Philipps und Evas wie immerwunderschönen Gesang verursacht. „Vessel In The Sky“ ist musikalischnoch von der „Elektro Akustik“–Tour inspiriert, „Calling“ über das noch zu sprechen sein wird, beginnt alswehmütige Synths–Ballade und gönnt sich dann plötzlich erstaunlich groß angelegte Pop–Momente, „You’re TheStorm“ klingt wie eine schlankere, zähe Version des klassischen Massive–Attack–Sounds, „Body Of Water“ istIndietronic–Folk mit breitem Kreuz (ja doch, das geht) und klingt ein wenig wie Postal Service mit geballter Faust,„Riptide“ erinnert bisweilen an die Weite und die Atmosphäre einer Platte von The Album Leaf.
Evas oft mitNaturbildern arbeitende Lyrics und ihre Sicht auf die Welt lassen bisweilen an die ganz großen Namen Björk undKate Bush denken. Außerdem verneigen sich Hundreds –ähnlich wie sie es schon bei Bon Iver getan mit ihrem„Flume“–Cover getan haben –mit „Consequence“ vor einer Band, die sie noch immer hoch verehren: The Notwist.Einen ruhigen, steten Fluss, darf man bei Hundreds also weiterhin nicht erwarten. Das lässt auch das Albumcoverdes Grafikdesigners und Siebdruck–Künstlers Falk Schwalbe zu „The Current“ vermuten. Ehrlicherweise wollte esaber zunächst nicht so recht fließen –um im Bild zu bleiben –wie Eva zugibt. „Wir waren im letzten Jahr an einemPunkt, wo wir einfach nicht mehr weiterkamen, so wie wir bisher gearbeitet haben.“ Irgendetwas fehlte denBeiden: „Philipp und ich wissen immer relativ genau, wenn ein Song Hundreds ist. Es ist unser Anspruch, dass einfertiger Song exakt dieses Gefühl bei uns beiden auslösen muss. Und das hat sich bei den ersten Kompositioneneinfach nicht eingestellt.“ Die Lösung: Rausgehen, Neues erleben, „das Setting verändern.“ Philipp sei zum Beispieleine Weile nach Berlin gefahren, für Sessions mit Kreativen, die erzuvor kaum kannte. Außerdem reiste der jungeProduzent Lucas Herweg für einige Tage ins Hundreds–Studio. „Er hat entschieden dazu beigetragen, die Blockadeaufzulösen und uns für neue Ideen geöffnet.“ In diese Zeit des Suchens und Findens fielen auch die zwei Konzertemit demhr–Sinfonieorchester in der Jahrhunderthallte Frankfurt, die Hundreds einen weiteren kreativen Kickgaben. Die Aufnahmen gibt’s noch bei YouTube anzuschauen –und man ist immer wieder ergriffen, wenn mansieht, wie Eva, Philipp und Hundreds–Drummer Florian Wienczny mit dem Orchester unter Leitung von Elim Chanund dem Multi–Perkussionist Simone Rubino musikalisch verschmelzen, flirten, ringen.Soundtechnisch lässt sich der Mut zu neuen Wegen ziemlich genau an der Single „Calling“ festmachen: Sie beginntmit wenig mehr als der Hundreds–DNA: Philipps Synths–Flimmern, ein Beat, der sich noch entscheiden muss, ob ereuphorisch oder bedrohlich wirken will, und Evas sehnende, starke, zugleich coole und dramatische Stimme. Unddann plötzlich, nach 90 Sekunden, direkt nach einem Break, in dem man nur Eva hört, sprengen plötzlich Bläser denSong auf, ein Stadion–Pop–Moment, der an dieser Stelle überhaupt nicht cheesy wirkt sondern wie eine Artpositiver Schlachtruf. Was auch an Evas Worten liegt: „I’ll raise another banner I’m raising my own banner.“ Evalacht, wenn man ihr erzählt, dass man sich beim ersten Hören etwas erschrocken hat: „Ja, die Bläser waren Lucas‘Idee. Das hätten wir uns vielleicht nicht getraut.“ Dass der Moment so knallt, liegt auch am Kontrast zum Themades Songs und an Zeilen wie diesen: „I see you falling / falling apart / falling for yourself / and the stories you’vemade up I hear you howling in the dark and I won’t take part.“ Eva beschreibt hier nicht weniger als den Momentdes Freikämpfens von einer emotional ungesunden Freundschaft, zu einem Menschen, der sich als chronischerNarzisst entpuppte.Diese Momente des Freikämpfens, der Emanzipation finden sich gleich mehrfach auf „The Current“. Vielleicht weilauch Eva sich beim Songschreiben gelegentlich aus einer Sackgasse freikämpfen musste. „Irgendwann im März kamich bei einigen Songs mit den Texten einfach nicht weiter.“ Die Rettung brachte ein Konzert in ihrer WahlheimatWürzburg, im Café Cairo. Dort spielte damals Florian Sievers mit seinem Soloprojekt Das Paradies. Eva kannte ihnnoch aus Leipzig–Zeiten und von dessen Band Talking To Turtles, die auch mal mit Hundreds auf Tour war. „Ichwusste also, dass er sehr gut auf Englisch texten kann und fragte ihn, ob ich mal auf ihn zukommen könnte.“Konnte sie. Eva verbrachte einige Tage in Florians Studio in Leipzig und man schrieb zum Beispiel „Calling“ und„You’re The Storm“, das wenig mit dem Cardigans–Song gleichen Namens zu tun hat,
sondern eher an MassiveAttack denken lässt. „Body of Water“ wiederum hat sie mit der befreundeten Songwriterin Wallis Bird geschrieben–ein Perfect Match, nicht nur weil man sich versteht, sondern auch weil Wallis auf ihrem Album „Woman“ vieleMotive und Themen verwendet, die auch bei Hundreds zu finden sind.Was eine gute Gelegenheit ist, um noch einmal an den Vorabtrack „Ready, Shaking, Silent“ zu verweisen, der Evabesonders am Herzen liegt und das Thema aufgreift, das auch „Woman“ geprägt hat. Ein treibender, brodelnder,und ja, durchaus aggressiver Electro–Pop–Song, wie man ihn von Hundreds in dieser Form nicht erwartet hätte. „Iwill rip your words / out of your pretty mouth“, singt Eva in der ersten Strophe, „and I dig deep down / to take youout, / I’m setting fire to your scalp, hungry for the fight!“ Uff. Die Befreiung folgt im Refrain, der sich hymnisch überden Rest des Songs erhebt: „You’re in my way, / you hide you run from me, you can’t take a breath right next to me/ I’m ready, shaking, silent ready shaking silent.“ Die Grundmelodie des Songs stammt dabei von Lily Among Clouds–eine gute Freundin von der beiden, die bei diesem Song an Eva denken musste. „Textlich ist es eine Abrechnungmit einer gewissen Sorte Mensch, oder besser: Mann, und eine Ansage, dass man sich nix erzählen lässt“, erklärtEva. „Ich würde es durchaus feministisch deuten, als Kampfansage an das Patriarchat, auch wenn das immer etwasplatt klingt. Aber das trifft die Sache. Es geht um Solidarität unter Frauen, und dass man seine Stimme erhebt. Sichselber über den Weg traut. Mich macht das Thema Gleichberechtigung einfach fürchterlich wütend, weil es viel zulangsam vorangeht und die Ungleichheit immer noch sehr tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist. Bis Endezwanzig hätte ich selbst noch gesagt, alles sei in Ordnung, ich werde doch gar nicht diskriminiert als Frau. Bis ichmerkte, wie falsch ich liege. Das war immer da, ich bin nur so aufgewachsen, dass ich all diese Momentefür normalhielt. Wenn du dich mit dem Thema erstmal beschäftigst –und dashabe ich in den letzten Jahren sehr intensivgetan –musst du auch aufpassen, dass du nicht nur noch das siehst. Dieses Lied ist deshalb so was wie meinBefreiungsschlag.“„The Current“ ist also mitnichten das Produkt zweier familiär verwachsenerGeschwister, die im abgelegenenWaldstudio symbiotisch an Hundreds feilen. Dieses Bild ist zwar ein gerne bemühtes, aber ein falsches. Deshalbkommunizieren Hundreds so offen, wo sie sich Inspiration und Hilfe holten. „Dass wir Geschwister sind ruftnatürlich bestimmte Projektionen wach, aber für mich ist Philipp zwar mein Bruder aber in erster Linie auch einArbeitskollege. Wir haben durch die Erfahrungen mit diesem Album beschlossen, das Bild von uns selbst ein wenigzu justieren und den Begriff Hundredszu erweitern.“ Verbildlicht wird das auch durch dasaktuelle Bandfoto, bei demzum ersten Mal Drummer Florian Wienczny zu sehen ist. „Wir wollen, dass es etwas inklusives hat und zum Beispielneben all den Künstlerinnen und Künstlern, die uns helfen, inspirieren und auf Tour begleiten, auch das Publikumdazu gehört.“ Eine Aussage, die sich gut an den kommenden Live–Plänen der Band ablesen lässt. Hundreds wissen,dass auch und vor allem die Konzert–Erfahrung dafür sorgte, dass sie heute zu den erfolgreichsten deutschen Indie–Acts zählen. Und Eva gibt zu: „Wenn wir die finalen Mixe machen, denken wir schon manchmal: Auf DIESEN Partfreu ich mich live besonders.“ Deshalb werden Hundreds mit „The Current“ auf ihre bis dato größte Tour gehen: 18Shows in ganz Deutschland und als Auftakt am 12. Januar ein ganz besonderes Konzert mit Streicher–Ensemble inder Elbphilharmonie in Hamburg, das schon seit Monaten ausverkauft ist. Besser hätte man es nicht timen können