Kammerpop-Grandeure The Divine Comedy
Nach fünf Jahren Pause endlich neues Material
Neues Album wird noch dieses Jahr erwartet
Seit zweieinhalb Jahrzenten gelingt es der irischen Formation The Divine Comedy um das einzige konstante Mitglied Neil Hannon, eine ganz eigene musikalische Welt zwischen britischem Edelpop, Kammermusik, Chanson, zaghaftem Rock und einem intensiven Bezug zu Lyrik, Prosa und Filmen zu gestalten. Lange eher ein Kritikerliebling, haben sich The Divine Comedy seit ihrer Gründung 1989 zu einer der bedeutendsten, kunstsinnigen Bands Großbritanniens entwickelt. In England und Irland stiegen die meisten ihrer bislang zehn Alben in die Top 50 der Charts, bedeutender aber ist ihre Position als schwer zu kategorisierende Künstler und absolute Lieblinge des Feuilletons. Denn die Musik und Texte des Komponisten und Poeten Hannon funktionieren stets auf zahlreichen Metaebenen. Dennoch ist die Musik von The Divine Comedy nie verkopft oder altklug, sondern wunderbar zugänglich und umarmend. Dies bewies erneut die Anfang Mai erschienene „My Lovely EP“, die erste Studiomeldung der Band seit 2010 und zugleich Vorbote auf das für den Winter 2016 angekündigte, elfte Studioalbum. Im Februar 2017 kommen The Divine Comedy für zwei Shows in Berlin und Hamburg nach Deutschland.
Es dürfte in ganz Großbritannien keine zweite Band wie The Divine Comedy geben. Und dies aus mehreren Gründen. Zum einen verbirgt sich dahinter keine feste Formation, sondern ein loser Verbund von rund zwei Dutzend Musikern, die in immer wieder anderer Besetzung die tiefgründigen Texte und geradezu schwerelos wirkenden Kompositionen ihres Vordenkers Neil Hannon in Szene setzen. Zum anderen manifestiert sich ihre Besonderheit gerade in diesen audiophilen Landschaften, die das Kollektiv mit jedem neuen Album malt. Jedes ihrer bislang zehn Werke klingt anders, hat einen besonderen stilistischen Schwerpunkt und formuliert Hannons jeweils aktuelle Inspirationen in individueller Weise. So gibt es klare Pop-Alben von The Divine Comedy, aber auch solche, die sich eher der Kammermusik annähern, dem Chanson, dem Britrock, der Filmmusik, einer fast ambienthaften Elektronik oder Theaterhaftem in der Tradition von Brecht/Weill.
Im Zentrum stehen dabei stets die Gedanken von Neil Hannon, der seine Inspirationen unmittelbar in neue Songs formt. Dies können Gedichte sein, wie etwa von William Wordsworth oder F. Scott Fitzgerald, klassische Entwürfe im Geiste Michael Nymans, Chansonhaftes in der Tradition von Jaques Brel oder Scott Walker, künstlerische Episoden wie das Fin de Siècle – oder auch ein einzelner Film: So ist etwa das Werk „A Short Album About Love“ unzweideutig ein Konzeptalbum zu Krzystof Kieslowskis Film „A Short Film About Love“. Oftmals wird Hannon aber auch durch die Kollaboration mit anderen Musikern zu neuen Ideen inspiriert – so arbeitete er in der Vergangenheit unter anderem mit Tori Amos, Yann Tiersen, Noel Coward, Tom Jones, Ben Folds, dem Filmkomponisten Joby Talbot und zahlreichen Kammer- und Symphonie-Orchestern zusammen, um seine Arbeit in immer neue Kontexte zu stellen. Für diese Bemühungen wurden The Divine Comedy bereits mit vielen renommierten Preisen bedacht.
Das Erstaunliche dabei: Trotz dieses Eklektizismus im Ansatz klingen The Divine Comedy immer unverwechselbar nach dieser Band, die sich bewusst zwischen alle stilistischen Stühle setzt – und ist damit auch noch kommerziell nachhaltig erfolgreich. Sieben der bislang zehn veröffentlichten Alben errangen hohe Chartsnotierungen in England und Irland, 15 Single-Auskopplungen platzierten sich in den Top 50 der UK-Singlescharts. Die international bekannteste dürfte dabei der Song „National Express“ sein, der sich um die Jahrtausendwende zu einem weltweiten Hit entwickelte.
Aufgrund der Inkonstanz in Bezug auf die Besetzung blicken The Divine Comedy in ihrer 27-jährigen Karriere immer wieder auf längere Auszeiten, so auch zuletzt: Das bislang letzte Album „Bang Goes the Knighthood“ erschien 2010, es folgte noch eine internationale Tournee, die mit der Live-CD „Live at Sommerset House“ 2011 manifestiert wurde. Nun kehren The Divine Comedy wieder zurück – zunächst erschien Anfang Mai die neue „My Lovely EP“, im Laufe dieses Jahres folgt das neue, derzeit noch unbetitelte Album.